Freitag, 14. Dezember 2012 | 09:18 dfb.de

Umgang mit Schiedsrichtern: "Sachliche Kritik ist erlaubt"

Schiedsrichter Collmann: "Kann Kritik verstehen"

Ohne sie kein Spiel. Knapp 80.000 Schiedsrichter sind im DFB registriert. Sie ermöglichen einen geregelten Spielbetrieb - ohne dass ihnen dafür immer der verdiente Respekt entgegengebracht wird.

Für Schiedsrichter Arndt Collmann ist dieser Dezember-Abend ein ruhiger. Auf dem Kunstrasenplatz in Wittlich (Spielkreis Mosel) leitet er das Spiel der heimischen B-Jugend-Mannschaft gegen die Gäste aus Mayen. Es geht ums Weiterkommen im Rheinland-Pokal. Für den 35 Jahre alten Unparteiischen ist diese Begegnung eine leichte Aufgabe: Seine Entscheidungen werden von den jungen Spielern akzeptiert, knifflige Szenen muss er in diesem Spiel nicht bewerten, und zur Gelben Karte greift er auch nur ein einziges Mal.

Dass niemand an diesem Abend über den Schiedsrichter spricht, liegt zum einen an dessen souveräner Spielleitung, zum anderen aber auch am Ergebnis: Die Gäste gewinnen 6:0. Bei solch einem klaren Resultat kommt keiner der Unterlegenen auf die Idee, die Schuld für die Niederlage beim Schiedsrichter zu suchen. Bei knapperen Spielverläufen hat Arndt Collmann aber auch schon Anderes miterlebt: "Wenn es unentschieden steht und man als Schiedsrichter das 'Pech' hat, in der dritten Minute der Nachspielzeit auf Elfmeter entscheiden zu müssen, dann sind die Beteiligten meist kaum zu beruhigen."

Christian Puderbach (16), der Wittlicher Spielführer, war selbst schon mal dabei, als der 23. Mann im Kreuzfeuer der Kritik stand. Einmal zum Beispiel ließ der Schiedsrichter weiterspielen, obwohl der Ball die Torauslinie überschritten hatte, und aus dieser Situation fiel dann ein Tor. "Es flogen Beschimpfungen gegen den Schiedsrichter über den ganzen Platz. Obwohl unsere Trainer uns vor dem Spiel immer darauf hinweisen, die Entscheidungen des Schiedsrichters zu respektieren, ist es manchmal einfach schwer, die Emotionen zu kontrollieren."

Schiedsrichter, Ventil des Ärgers


Emotionen, Kritik, Beschimpfungen gegen den Schiedsrichter – das sind Dinge, die man an jedem Wochenende auf Deutschlands Fußballplätzen beobachten kann. In der Bundesliga genauso wie in der Kreisliga, bei den Erwachsenen genauso wie bei Jugendspielen. Bis zu einem gewissen Punkt gehöre das einfach zum Fußball dazu, meint Yannick Felber, der Mayener Spielführer: "Da Fehler – auch von den Schiedsrichtern – im Fußball unvermeidlich sind, wird es auch immer zu Protesten auf und neben dem Platz kommen. Kritik am Schiedsrichter ist aus meiner Sicht in Ordnung, so lange man den Unparteiischen dabei nicht beleidigt", sagt der 16-Jährige.

Dass ein Spieler auch mal etwas zum Schiedsrichter sagen darf, das sieht auch Arndt Collmann so: "Die Spieler sind meist hoch motiviert und angespannt. Deshalb kann ich verstehen, wenn sich ein Stürmer, der knapp im Abseits stand und den Ball auf das Tor hätte schießen können, nach einem Pfiff des Schiedsrichters beschwert." Dabei kommt es jedoch auch auf die Wortwahl und den Ton an. Äußerungen wie "da waren noch drei Meter Platz" oder "das war im Leben kein Abseits, das ist doch unglaublich" seien völlig normal. "Sachliche Kritik der Spieler ist in Ordnung. Beleidigen diese jedoch den Schiedsrichter, werden die Grenzen überschritten, und man muss mit Konsequenzen rechnen. Hier gibt es dann die entsprechende Persönliche Strafe, also den Platzverweis."

Beste Lösung ist "konzentrierte Spielleitung"


Dass verbale Gewalt gegenüber Schiedsrichtern zunimmt, hat Arndt Collmann auch in seinem Kreis Trier-Saarburg festgestellt. Er ist Vorsitzender der dortigen Schiedsrichter-Vereinigung: "Insbesondere im Bereich des Jugendfußballs beleidigen meist Eltern die häufig 14 bis 15 Jahre alten Schiedsrichter mit Ausdrücken, deren Gebrauch sie ihren eigenen Kindern wohl verbieten würden."

Doch wie kann der Umgang miteinander auf dem Platz verbessert werden? "Das beste Mittel, lautstarker Kritik aus dem Weg zu gehen, ist eine konzentrierte und bestmögliche Spielleitung", nimmt Collmann zunächst einmal sich und seine Schiedsrichter-Kollegen in die Pflicht.

Da aber selbst dem besten Schiedsrichter Fehler passieren, wird bei Lehrabenden immer wieder darauf hingewiesen, wie man als Schiedsrichter in Konfliktsituationen reagieren soll. "Es ist wichtig, auf dem Platz den Dialog mit den Spielern zu suchen, dabei Verständnis für deren Unmut zu zeigen, ihnen aber auch die eigene Wahrnehmung klarzumachen. Dadurch können die Emotionen meist gesenkt werden", sagt Collmann. Falsch wäre seiner Meinung nach ein arrogantes Pochen des Unparteiischen auf die Richtigkeit seiner Entscheidung. "Denn die 'Unfehlbarkeit' des Schiedsrichters kommt bei Spielern meist schlecht an."

Bei Gewalt sind "Grenzen weit überschritten"


Dass "die Grenzen weit überschritten sind", wenn Schiedsrichter körperlich angegangen werden, da sind sich sowohl Arndt Collmann als auch Christian Puderbach und Yannik Felber einig. Damit es erst gar nicht so weit kommt, pocht der Schiedsrichter-Obmann auf einen anständigen Umgang miteinander: "Respekt für den Gegner und Schiedsrichter, fairer Kampf um den Sieg sowie Verständnis für Fehlentscheidungen des Schiedsrichters – das sind Werte, die es meiner Ansicht nach den Vereinen, also Trainern, Spielern und Zuschauern, zu vermitteln gilt."

Gelingt dies, dann können sich die Akteure auch künftig nach den Spielen guten Gewissens in die Augen schauen. In Wittlich jedenfalls geben sich an diesem Abend Schiedsrichter und Spieler nach 80 fairen Spielminuten die Hand und freuen sich bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt auf die heiße Dusche. [dfb]

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